Ich habe mir letzte Woche endlich einen kleinen Traum erfüllen können. Meine Chefin hat ihre alte Stickmaschine aussortiert und wollte sie verkaufen, woraufhin ich sie mir natürlich sofort gekrallt habe. Da bei mir leider auch der Kauf einer neuen Nähmaschine ins Haus steht, (meine alte hat schon ganz schön viel mitmachen müssen und sich in den Ruhestand verabschiedet) überlegte ich ob ich nicht eine Kombination aus Näh- und Stickmaschine nehmen sollte. Da aber bekanntlich „Nix halbes und nix ganzes“ unter keinem guten Ruf steht, habe ich diese Idee wieder verworfen. Lieber nur eine Nähmaschine, die dafür das tut was sie soll: Nämlich schön nähen, ohne irgendwelchen Schnickschnack.
Seltsamerweise ist es sehr in Mode gekommen die Nähmaschinen mit 150+ verschiedenen Stichprogrammen zu versehen, bei denen ich mich frage wer denn um Himmels willen alle davon jemals benutzen wird. In unserer Schneiderei arbeiten wir auch zu 99% nur mit dem geraden Doppelsteppstich.
Andererseits können auch einige der Maschinen schon kleine Muster oder Buchstaben sticken, was wiederum praktisch für all jene ist, die nicht in den Genuss einer Stickmaschine kommen. Ich jedenfalls bin jetzt stolzer Besitzer einer solchen und habe mir damit auch gleich den ersten Auftrag geangelt.
Ein Freund von mir hat sich einen Westenumhang gekauft und wollte diesen ein wenig verschönern lassen. Sein Wunsch war es, das Wappen seiner Gruppe auf den Rücken zu sticken. Dazu kommen noch Feuersymbole an den Seiten der Pellerine und Borte an der vorderen Mitte, um die Kapuze und um den Saum herum, was etwa eine Länge von knapp 10 Metern ergibt.
Nun bin ich ja Perfektionist und musste leider feststellen, dass der Umhang alles andere als schön gearbeitet ist. Abgesehen von schief oder asymmetrisch gesetzten Nähten und Teilen, bereitet mir besonders die Verarbeitung sorgen. Am Schlitz eingeschnittene Nahtzugaben bis knapp an die Naht und eine Stichgröße, die eher zu einem Heftstich passen würde, sind hier die schwerwiegendsten Fehler und reduzieren die Langlebigkeit des Stückes erheblich.
Das Stickmuster, also Wappen und Feuersymbol, musste ich erst in Adobe Illustrator zeichnen und anschließend als .jpg auf die Speicherkarte der Stickmaschine laden. Das klappte überraschend problemlos, obwohl ich zuvor gewarnt wurde dass das ein aufwendiger und schwieriger Prozess sei. Hm…
Die größere Schwierigkeit bestand in der gewünschten Spanne des Wappens. Mit einem Durchmesser von knapp 20 Zentimetern war es zu groß für den Stickrahmen, das heißt ich konnte nicht alles auf einmal sticken. Daher musste ich das Wappen in sechs Teile zerlegen (den Kreis geviertelt inkl. Inhalt und das Schwert in zwei Teile) und mühsam jedesmal den Stickrahmen so einspannen, dass die Muster sich am Ende zu einem Ganzen zusammenfügten. Das war gemein aber sobald ich den Dreh heraus hatte, klappte auch das ganz gut. Dabei habe ich allerdings gelernt dass ich darauf achten muss, den Stoff jedesmal gleich zu spannen, denn natürlich überträgt sich das auf das Muster und später, also ohne Spannung, unterscheidet es sich minimal in der Größe – oder ist schlimmstenfalls verzogen.
Die Borte dagegen war recht einfach anzubringen. Ich habe die einzelnen Strecken gemessen und mit ca. 2cm Zugabe zugeschnitten, grob angesteckt und schmalkantig an beiden Kanten angesteppt. Knifflig wurde es erst an den Stellen, wo die Musterrichtung wechselt – nämlich an den Seitenschlitzen, der hinteren Mitte und oben an der Kapuze. Dort habe ich die Borte so angelegt, dass das Muster sich wieder ergänzt und anschließend mit Handstich noch perfektioniert. Vor allem auf das Ergebnis an den Seitenschlitzen bin ich doch ein wenig stolz :)
Und nachträglich noch ein Bild vom neuen Besitzer, vielen Dank dafür!
Hinterlasse einen Kommentar